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XV Woche im Jahreskreis – Dienstag

Unser Rückfall in Heidentum

Dann begann er den Städten, in denen er die meisten Wunder getan hatte, Vorwürfe zu machen, weil sie sich nicht bekehrt hatten: Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wenn einst in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind – man hätte dort in Sack und Asche Buße getan. Ja, das sage ich euch: Tyrus und Sidon wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie euch. Und du, Kafarnaum, meinst du etwa, du wirst bis zum Himmel erhoben? Nein, in die Unterwelt wirst du hinabgeworfen. Wenn in Sodom die Wunder geschehen wären, die bei dir geschehen sind, dann stünde es noch heute. Ja, das sage ich euch: Dem Gebiet von Sodom wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie dir. Mt 11,20-24

Heute tadelt Jesus die Städte von Chorazin und Betsaida, die sich nicht dem Evangelium geöffnet hatten, obwohl sie viele Wunder gesehen hatten. Es ist eine Seite, über die unsere Gesellschaft nachdenken bleiben soll: Sie ist die Wiege des Christentums für fast zwei Jahrtausende gewesen und hat eine außerordentliche Blüte von Heiligen, Wundern und Missionaren gesehen, aber heutzutage scheint sie von einem Rückfall in Heidentum belastet. Wer hätte sich nur vor einigen Jahrzehnten die Permissivität unserer heutigen Gesellschaft im Bereich der Moral vorstellen können? Man betrachtet die vorehelichen intimen Beziehungen, die eingetragene Partnerschaft, die homosexuellen Paare, die Beschränkung der Geburten durch jedes Mittel, die Scheidung, die Abtreibung und jetzt auch die Euthanasie als natürlich. Das alles wird sogar als Entwicklung, Erreichen der Zivilisation präsentiert. Auch der laufende Prozess der Säkularisierung, der – wie die Geschichte sagt – zum Agnostizismus und Atheismus bringt, wird als einen Aspekt nützlicher Rationalität betrachtet. Wir sind zufrieden überzeugt, dass Gott sich dem Menschen durch die Geschichte offenbart, und, außerdem, man neigt dazu, dem Fühlen der einzelnen Bewusstsein absoluten Wert zu geben. Aber es ist nicht so: Es ist das Evangelium, das den Menschen und die Geschichte verurteilt, nicht umgekehrt; und es billigt sie nicht, wenn sie auf dem falschen Dampfer sind. Das Evangelium ist nicht gemacht worden, um dem Menschen zu gefallen, aber um sie aus ihren falschen Sicherheiten zu erschüttern. Christ ist „Zeichen […] dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vielen Menschen offenbar werden“ (Lk 2, 34-35). Es ist nicht das Evangelium, das sich vor die Ereignisse der Geschichte beugen muss – auch wenn sie es besser verstehen helfen können. Die Ereignisse müssen in seinem Anbetracht  gelesen und verurteilt werden. Es ist war, dass aus vielen Perspektiven unsere Gesellschaft sich viel bessert hat: der Klarheit des Bewusstseins für die menschlichen Dignität und Solidarität, der Suche nach sozialer Gerechtigkeit und der Freiheit, der Missbilligung des Krieges. Das sind Werte, die das Evangelium ins Leben so eindringen gelassen hat, dass die sind auch unter den Nichtchristen gemeinsam geworden sind. Trotzdem sind wir der Meinung, die Stelle von heute muss wie einen Tadel der Permissivität unserer Gesellschaft gelesen werden, die für Jahrtausende die Wiege der christlichen Werte gewesen ist und jetzt verliert sie.

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