II Woche im Jahreskreis – Sonntag
Herr, wo wohnst du?
Am Tag darauf stand Johannes wieder dort und zwei seiner Jünger standen bei ihm. Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du? Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde. Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte (Christus). Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels (Petrus). Joh 1,35-42
Nach dem Abendessen des Heiligabends 1961 bauten wir unsere erste Krippe zusammen. Wir können nicht dieses Datum vergessen, denn das war der Anfang unseres Lebens als Ehepaar, so wie Johannes sich daran im Evangelium von heute erinnert, dass „es um die zehnte Stunde“ war, als er zusammen mit Andrea Jesus von Nazaret traf und ihn fragte, „Meister, wo wohnst du?“ und später er ihm folgte. Am jenem Tag veränderte sich ihr Leben, und das passierte auch uns am jenem Abend im Jahr 1961.
Da sie von der unerwarteten Verkündigung von Johannes dem Täufer „Seht, das Lamm Gottes!“ erstaunt worden waren, wurden sie sofort darüber so bewusst, dass sie dem Meister keine banalen Fragen stellten, wie es passiert, wenn man keine klaren Ideen hat, sondern sie fragten ihn: „Meister, wo wohnst du?“ Nach zweitausend Jahren stellt sich jeder Mensch, der die Botschaft des Evangelium annimmt, dieselbe Frage. Und auch wir haben uns dieselbe Frage in den letzten Jahren gestellt: „Wo wohnst du heute, Herr? Wo ist dein Haus? Wie kann man dich treffen? Wo hast du dein Heim, um mit dir zu leben und zu wachsen?“
Von Mal zu Mal hat der Herr verschiedene Antworte an diese Frage gehabt, nach unseren Bedürfnissen im Moment: „Ihr könnt mich jeden Tag in der Heiligen Schrift, in der Vorsehung, in den Sakramenten der Eucharistie und der Beichte treffen“. Aber zur Zeit ist seine häufigste Antwort gewesen, da vielleicht wir brauchen, davon überzeugt zu werden: „Mein Haus ist mit den Armen“. Wenn wir dann über dieses Geheimnis nachgedacht haben, sind wir bewusst geworden, dass er in jedem Menschen wohnt, denn jeder Mensch hat seine eigene Armut, auch wenn manche uns rühren und anziehen, und andere uns verstimmen.
Gib uns, Herr, in dieser Zeit der Globalisierung und der Migrationen, dass wir dich in der Armut der Menschen treffen können, nicht nur, wenn sie unverstanden, krank, arbeitslos, hungrig, durstig, nackt, allein, obdachlos oder Häftling sind, sondern auch wenn sie gewalttätig, usurpatorisch, habgierig und egoistisch sind, denn sie sind die ärmsten unter den ärmsten.