DEFS181

XXVI Woche im Jahreskreis – Sonntag

Zuerst Europa, jetzt Asien, dann Afrika

Weh den Sorglosen zu Zion und weh denen, die voll Zuversicht sind auf dem Berge Samarias die ihr schlaft auf elfenbeingeschmückten Lagern und euch streckt auf euren Ruhebetten? Ihr esst die Lämmer aus der Herde und die gemästeten Kälber und spielt auf der Harfe und erdichtet euch Lieder wie David und trinkt Wein aus Schalen und salbt euch mit dem besten Öl, aber bekümmert euch nicht um den Schaden Josefs. Darum sollen sie nun vorangehen unter denen, die gefangen weggeführt werden, und soll das Schlemmen der Übermütigen aufhören. Am 6,1a.4-7

Wir machen die Zeitung auf und lesen über verdorbene Politiker, die genießerisch und sittenlos leben, indem sie sich nicht für die Menschen, die sie gewählt haben, interessieren. Die Jungen finden Schwierigkeiten, sich in die Arbeitswelt einzutreten, die alten Leute werden Alt zusammen mit Betreuern, die sie nicht kennen, und nicht mit der Liebe ihrer Lieben, und die Ehepaare trennen sich, um andere Verhältnisse zu starten, indem sie sich nicht für die Kinder sorgen, die gezwungen sind, mit anderen „Eltern“ zu leben. An diese Zustände, an denen die Gesellschaft sich traurig gewohnt hat, antworten die Politiker, indem sie ihre eigenen Löhne erhöhen, „aber bekümmer[n sie] nicht um den Schaden Josefs“, d.h., des Landes.

Derselbe Verfall wird in der Stelle von heute von dem Prophet Amos in der jüdischen Welt am Ende des 8. Jahrhunderts v.Chr. gezeigt: „Ihr schlaft auf elfenbeingeschmückten Lagern und euch streckt auf euren Ruhebetten. Ihr esst die Lämmer aus der Herde und die gemästeten Kälber und spielt auf der Harfe und erdichtet euch Lieder wie David und trinkt Wein aus Schalen und salbt euch mit dem besten Öl“. „Darum – prophezeit Amos – sollen sie gefangen weggeführt werden“. Und das wird den Honoratioren Israels zwei Jahrhunderte später geschehen: Sie werden alle nach Babylon deportiert werden.

Obwohl heute es dieselbe Lage in verschiedenen Ländern gibt, wird keinen Verantwortlichen deportiert werden, aber viele sind dazu gezwungen, zu migrieren, und wir sind verurteilt, in unserer Heimat als Verbannten zu leben, denn die Ereignisse der Geschichte strafen die Sittenlosigkeit. Wir werden – wenn auch friedlich – von Menschen aus Afrika, aus Asien und aus Lateinamerika „überschwemmt“. Wenn wir auf bestimmten Straßen in Mailand gehen, fühlen wir uns wie in Tunis, Tripolis oder Shanghai: Auch die Gerüche der Stadt haben sich verändert. Es ist ein unaufhaltsamer historischer Prozess, gegen den wir Europäer nichts tun können, denn unsere Gesellschaft ist so schwach und verdorben geworden, dass wir können keinen Widerstand leisten, noch nicht, wenn Ereignisse von Kriminalität und Verachtung gegen unsere religiösen Traditionen passieren. Das passierte mit allen verfallenden Zivilisationen, vom römischen Reich zuerst bis zur Sowjetunion, und jetzt passiert es mit Europa. Man braucht keine große Kenntnis der Geschichte oder keinen großen prophetischen Sinn, um bewusst zu werden, dass die Vergangenheit zu Europa gehörte, die Gegenwart zu Asien und die Zukunft zu Afrika.

Was die Kirche betrifft, wenn sie seinen ursprünglichen missionarischen Geist wieder entdeckt, braucht sie nicht, irgendwohin zu gehen, um die Welt zu evangelisieren: Es ist genug, dass sie wartet, dass sie diejenigen, die ankommen, empfängt und ihnen das Evangelium verkündet. Wird aber die Kirche den missionarischen Geist wiederfinden, den wir in der Apostelgeschichte und in den Briefen von Paulus entdecken? Wir sind vertrauensvoll, denn wir vertrauen den Heiligen Geist an.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert