XI Woche im Jahreskreis – Sonntag
Das Reich wächst still in der Geschichte
Er sagte: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. […] Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können. Mk 4,26-32
„Ein Baum, der fällt, rappelt mehr als ein Wald, der wächst“ sagt ein berühmter Aphorismus des alten chinesischen Philosophen Lao Tse. Wenn wir alle Tage die Zeitung aufmachen oder fernsehen, sehen wir, dass eine endlose Reihe Bäume fallen, denn die Massenmedien geben uns nur schlechte Nachrichten. Man kann so bewundern, warum die Welt ist noch nicht zu Ende gegangen und alle Wirtschaftssysteme nicht gescheitert sind. Es ist aber wahr, dass trotz des täglichen Fallens der Bäume der Wald noch wächst. Der Wald ist das Reich Gottes, er ist das Gute, das dem Bösen überlegen ist, obwohl es manchmal geschlagen wird. Wir sind heute vor zwei Gleichnissen, die uns über das Korn sprechen: Das erste ermahnt uns, Vertrauen zu haben, denn das gute Korn wächst still im Untergrund; das zweite verkündet, dass sein Schicksal ist, „größer als alle anderen Gewächse“ zu werden und „große Zweige“ zu treiben, „sodass in seinem Schatten di Vögel des Himmels nisten können“. Als Markus diese zwei Gleichnisse schrieb, war Jesus schon am Kreuz gestorben, er war im Graben drei Tage gewesen und war auferstanden, der Heilige Geist war auf die Jünger am Pfingsten herabgekommen und die Kirche war geboren worden: deswegen sieht der Evangelist schon das Reich Gottes, das sich in die Zukunft verbreitet, bis es alle Völker einschließt. Er sieht das Reich so wachsen, wie es mit Jesus angefangen hatte und wie die Gleichnisse beschreiben. Das ist der Stil Gottes. Es ist wahr, dass auch im großen Wald des Himmelreichs es Bäume gibt, die fallen, aber die Bäume, die wachsen, werden so groß, dass die Vögel des Himmels können in ihrem Schatten nisten.
Während des Morgengebets hat uns der Herr einen Tag gesagt, wer diese Vögel sind, die Schutz unter den Zweigen der großen Bäume suchen: Sie sind die Kleinen, die Armen, die Bedürftigen, die, die jemanden brauchen, wenn sie laufen, um sich an ihn zu lehnen. Sie sind die einsamen Menschen, die, die Hoffnung verloren haben und die Wahrheit suchen. Alle diese Kleinen können im großen Wald des Reichs einen gut gewachsenen Baum finden, unter dem sie Schutz finden und Lob dem Herrn singen können. Es wäre, als ob die Bäume singen würden.