DEFS013

III Woche der Fastenzeit – Sonntag

Die Begegnung mit dem Herrn 

Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. Da kam eine samaritische Frau, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken! Seine Jünger waren nämlich in den Ort gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen. Die samaritische Frau sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, …. Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; …. Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, das ist: …. Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, ich, der mit dir spricht. …. Da ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen, eilte in den Ort. Joh 4,6-28

Mit Matthäus war es die Bank der Steuer, mit Petrus war es der Strand des Galiläischen Meers, mit der Samaritanerin war es der Brunnen in Sichem, mir war es das kleine Zimmer des Waisenhauses der Nonnen von Locri, in Calabria. Allen gibt es einen Platz, wo der Herr vorbeigeht und ruft. Es war November 1972, wir waren jung. Wir hatten nach einer Adoption bei dem Jugendgericht von Mailand gefragt, und seinem Präsidenten, Herrn D’Orsi, wurde es angezeigt, dass ein junges Mädchen in Locri vor Weihnachten adoptiert werden musste. Der Grund solcher Eile war, dass der vorherigen Weihnacht blieb sie allein und weinend im Waisenhaus, während alle andere Kinder einige Tage bei ihren Familien zurückgekehrte waren. Sie riefen uns an, sprachen uns darüber und wir fuhren ab. Mutti war froh, aber ich war nicht so, denn ich stimmte jener Adoption nicht so viel zu. Ich hatte nur akzeptiert, das Formular zu unterschreiben, um auf die Wünsche meiner Frau einzugehen, aber in meinem Herzen hoffte ich immer, dass jene Akten irgendwo liegen blieben, wie es oft passiert. Dagegen taten sie nicht so, alles lief glatt, und so fuhr ich mit dem Zug zusammen mit Mutti (die mit acht Monaten schwanger mit Gianfilippo war) ab. Den nächsten Morgen war ich schon im kleinen Zimmer des Waisenhauses, aber ich war nicht zu jener Begegnung bereit, wie auch nicht die Samaritanerin war, als sie zum Brunnen ging. „Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!“

Niemand sagte diese Worte in jenem Zimmer aus, aber sie wehten im Luft. Die Nonnen und Mutti lächelten fröhlich, Maria Carmela lächelte zu mir mit sehr großen Augen und ich blieb liegen, wie die Samaritanerin mit dem Krug in der Hand. In jenem dunklen Augenblick, der mir ewig schien, ergriff ich ein Blitz der Wahrheit. Ich fühlte eine verschiedene Anwesenheit in Maria Carmela, und ich sagte zu mir: „Herr, ich empfange dieses Mädchen, als ob ich dich empfinge“. Ich nahm sie an eine Hand, und Mutti nahm sie an die andere, und wir nahmen sie nach Hause weg. Wenn ich in meinen Gedanken diese Erinnerung wieder erlebe, weiß ich, dass in jenem Mädchen es der Herr war, der auf mich wartete. In jenem Zimmer waren nur wir, die andere waren verschwunden. Am jenem Tag wurde mein Leben etwas anderes: Eine andere Geschichte hatte begonnen. Wenn ich heute die Samaritanerin im Evangelium treffe, verstehe ich, was es bedeutet: „Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!“.

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